Was passiert beim Hören?

Der Hörvorgang ist ein mehrstufiger Prozess: Der Schall wird zunächst von der Ohrmuschel bzw. dem Außenohr aufgenommen. Dann wird er gebündelt über den Gehörgang zum Trommelfell geleitet. Das Trommelfell schwingt in der Frequenz des akustischen Reizes und bringt die sogenannte Gehörknöchelchenkette, die aus Hammer, Amboss und Steigbügel besteht, in Bewegung. So gelangen die Signale ins Innenohr zur sogenannten Hörschnecke. Hier werden die Signale von den hochsensiblen Haarsinneszellen in elektrische Impulse umgewandelt. Der Hörnerv transportiert dann diese Impulse ins Gehirn. Erst im Gehirn werden die Impulse schließlich als Sprache, Musik, Geräusche oder Störgeräusche interpretiert.

Würde man die Hörleistung eines gesunden Ohres mit einer Waage vergleichen, könnte es von 1 Milligramm bis 1.000 Tonnen hören. Das liegt an der sehr hohen Sensibilität der Haarsinneszellen. Werden diese Rezeptoren durch Umwelteinflüsse, Lebensstil, Alter, Krankheit oder Unfall beschädigt, führt das zur Schwerhörigkeit.

Welche Funktionen hat das Hören?

Hören ist viel mehr als das bloße Wahrnehmen akustischer Signale: Das Gehör ist unser wichtigstes Kommunikationsorgan. Deshalb ist eine Hörminderung für den oder die Betroffene auch so unangenehm bis dramatisch.

Johannes Eitner, Schwerhörigen- und Gehörlosenpädagogie, hat 1990 erstmals die sieben Funktionen des Hörens definiert. Über 30 Jahre später ist dieses Werk noch immer der Kompass, wenn es ums Hören geht. Es sind diese sieben Funktionen, die das Hören erfüllt:

1. Informationsfunktion

Unser Ohr liefert ununterbrochen wertvolle Informationen aus der Umwelt.

In der Öffentlichkeit, im Freundes- und Familienkreis, bei der Arbeit und
bei Vorträgen nehmen wir eine Vielzahl an Informationen auf, die wichtig und
nützlich für unsere Entwicklung und unser soziales Leben sind. Gleiches gilt
für Telefongespräche, Radio und Fernsehen – immer geht es darum,
unterschiedlichste Stimmen zu verstehen, um einem Sachverhalt folgen zu können.

Ist der Hörsinn geschädigt, erhalten wir unvollständige und falsche
Informationen und sind in unserer Selbständigkeit stark eingeschränkt.

2. Warnung und Alarmfunktion

Hören kann lebenswichtig sein, weil es vor Gefahren warnt.

Telefonklingeln, Türläuten, Knalle, Rufe, Donner usw. können uns auf Gefahren
aufmerksam machen. Ganz zu schweigen von Warnungen und Sirenen im
Straßenverkehr. Gerade Letztere können Vorboten einer akuten Lebensgefahr sein
und fordern uns auf, darauf zu reagieren. Wird dieser Alarm wegen eines
Hörverlusts nicht rechtzeitig wahrgenommen, kann das gravierende Folgen haben.

3. Aktivierungsfunktion

Hören hält fit.

Hören sendet Reize ans Gehirn und belebt damit Körper und Geist. Leider gilt auch das Gegenteil: Wer nicht mehr gut hört, wird oft passiv und antriebslos, führt ein eher zurückgezogenes Leben und traut sich immer weniger zu. Gerade bei älteren Menschen wird ein solches Verhalten fälschlicherweise auf das Alter geschoben.

Dabei kann ein Hörgerät oft Wunder wirken und auch ältere Menschen gehen mit einem für sie passendem Hörsystem wieder aktiver und selbstsicherer durchs Leben.

4. Orientierungsfunktion

Unser Hörsinn sorgt für Orientierung in Räumen und der Außenwelt.

Durch die Art der Töne, die wir hören, erkennen wir unbewusst, ob wir uns in der Stadt, in der freien Natur oder in einer Menschenmenge befinden. Oder ob wir gerade in einem kleinen Zimmer oder einer großen Halle sind. Und wenn uns jemand von hinten oder von der Seite anspricht, drehen wir den Kopf automatisch in seine Richtung. Diese Orientierung gelingt, weil wir zwei Ohren haben, die zusammen die Herkunft der Töne orten können. 

Fällt auf einem Ohr der Hörsinn aus oder ist geschädigt, macht das eine präzise Orientierung unmöglich.

5. Kommunikationsfunktion

Hören ist die Grundlage für unsere gesamte sprachliche Kommunikation.

Vom Erlernen der Sprache im Kindesalter bis zur intensiven Unterhaltung bei Tisch mit Hintergrundgeräuschen, am Telefon bei schlechter Verbindung oder Vorträgen mit piepsendem Mikrofon – ein intakter Hörvorgang filtert alle Störgeräusche heraus und sorgt dafür, dass wir uns ganz auf das gesprochene Wort konzentrieren können.

Wenn aber ein geschädigtes Gehör eben diesen Filter nicht mehr setzen kann und damit die Konzentration auf die Sprache verhindert, wird unsere gesamte Kommunikation gestört.

6. Sozialfunktion

Hören ermöglicht soziale Bindungen.

Was wäre der Mensch ohne Beziehungen? Wir können durch aktives Zuhören Kontakte knüpfen und aufrechterhalten: Ob wir längere Telefongespräche führen, zu zweit beim Essen plaudern, mit der gesamten Familie einen Ausflug machen oder größere Feste feiern – immer läuft es auf Gespräche hinaus, die soziale Bindungen schaffen.

Wird das wegen Schwerhörigkeit als zu anstrengend und stressig empfunden, leidet das gesamte soziale Miteinander.

7. Emotionale Wahrnehmungsfunktion

Emotionen sind hörbar.

Die menschliche Stimme transportiert nicht nur sachliche Informationen, sondern auch Freude, Begeisterung, Ärger, Aggression und alle anderen Stimmungen und Gefühle. Selbst körperliche Schwäche oder Krankheiten sind über Tonlage und Artikulation hörbar. So kann der Zuhörende ziemlich genau erkennen, wie es seinem Gegenüber gerade geht und wie er seine Umwelt wahrnimmt.

Geht diese Funktion des Hörens verloren, können wir Stimmungslagen im Gespräch schlechter erkennen und interpretieren Aussagen oder Verhalten falsch. Zwischenmenschliche Spannungen und Konflikte sind vorprogrammiert.

Weiterführende Informationen: Johannes Eitner, Zur Psychologie und Soziologie von Menschen mit Hörschädigung

Ein funktionierendes Gehör – auch das mit einem Hörsystem – bedeutet mehr Lebensqualität und Sicherheit. Hörentwöhnte Menschen müssen sich nach einer Hörsystemversorgung oft erst wieder an die Flut der Höreindrücke gewöhnen. Konsequentes Tragen unterstützt und verkürzt die Gewöhnungsphase.

Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Was ist ein Hörgerät?

Die vorherrschende Meinung ist immer noch, dass ein Hörgerät lediglich eine Art Lautsprecher im Ohr sei. Wenn ich nicht gut höre, drehe ich mein Hörgerät eben auf “lauter” und alles ist gut. So einfach ist es aber nicht. Und deshalb ist ein Hörgerät der neuesten Generation auch viel mehr als ein bloßer Lautstärkenregler.

Wie hoch oder tief sind die Frequenzen der Töne, die ich nicht mehr wahrnehmen kann? Kann ich mein Gegenüber schlecht verstehen, weil mich die Hintergrundgeräusche stören? Kann ich nur schwer einschätzen, aus welcher Richtung das herannahende Auto kommt? Stelle ich den Fernseher immer lauter und verstehe die Gespräche trotzdem nicht? Habe ich das Gefühl, dass die Mitmenschen immer undeutlicher sprechen oder sogar nuscheln?

Hinter all diesen Hörproblemen stecken unterschiedliche Ursachen. Moderne Hörgeräte gehen auf die verschiedenen Arten des Hörverlusts ein und können ihn mit Highend-Technik kompensieren.

Jedes Hörgerät besteht aus einem hochleistungsfähigen Mikrofon, Verstärker und Lautsprecher. In Kombination mit ausgefeilter digitaler Technik wird es zu einem Mini-Computer im Ohr. So sorgen zum Beispiel eine Vielzahl separat einstellbarer Kanäle, eine Störlärm- und Rückkopplungsunterdrückung, verschiedenste Filter und vieles mehr für eine individuelle Anpassung an die jeweilige Situation des Hörenden. Und auch die Energieversorgung basiert auf modernster Lithium-Ionen-Technologie, die es ermöglicht, das Hörsystem einen ganzen Tag ununterbrochen zu tragen, ohne dass der Akku aufgeladen werden muss.

Hörgeräte für jede Lebenslage
Hörgeräte sollten am besten täglich getragen werden. Das fällt umso leichter, je besser sie auf die Lebensumstände und Bedürfnisse des Trägers abgestimmt sind. So unterscheidet man zunächst zwischen zwei unterschiedlichen Bauformen:

1. Das Hinter-dem-Ohr-Gerät
Hier wird das eigentliche Hörgerät hinter der Ohrmuschel getragen und über einen hauchdünnen, transparenten Schlauch mit dem Ohrstück im Gehörgang verbunden. Das Hörgerät ist durch seine ergonomische Form und seine geringe Größe fast unsichtbar. Diese Hörgeräte sind am beliebtesten und können jede Art von Hörverlust kompensieren.

2. Das Im-Ohr-Gerät
Hier ist die gesamte Technik in einem klitzekleinen Gehäuse untergebracht, das wie ein Ohrstöpsel im Ohr getragen wird. Dieses Gerät ist zwar kaum zu sehen, aber nur bei leichtem Hörverlust effektiv.

 Darüber hinaus gibt es Hörgeräte für fast jede Lebenssituation:
– Hörgeräte für Kinder
– Hörgeräte für Brillenträger
– Wasserdichte Hörgeräte für Schwimmer
– Schweißresistente Hörgeräte für Sportler
– Hörgeräte mit Bluetooth-Verbindung zu Audiostreams, TV und Telefon
– Hörgeräte aus Holz, Titan oder Carbon

Bei dieser Vielfalt an Optionen und Kombinationsmöglichkeiten verliert der Laie schnell den Überblick und sollte die Wahl des passenden Hörgeräts immer dem Hörakustiker überlassen. Denn nur ein Hörakustiker kennt sich mit den Vor- und Nachteilen jedes Geräts aus und kann es über eine Spezialsoftware optimal auf den Nutzer anpassen.2

Wie funktioniert ein Hörgerät?

Es gibt verschiedene Arten von Hörgeräten. Sie unterscheiden sich nach Bauform, Größe und Technik. Die Hörgeräte-Technologie entwickelt sich ständig weiter und ermöglicht die Herstellung von fast unsichtbaren und stilvollen Hörsystemen. Auf kleinstem Raum werden Millionen von Informationen verarbeitet, um das natürliche Hören zu gewährleisten.

Hörgeräte können das „alte“ Gehör zwar nicht wieder zurückgeben. Doch Worte eines Gesprächspartners oder andere wichtige Signale können deutlicher hervorgehoben und besser verstanden werden.

Alle Hörgeräte bestehen aus den gleichen drei Hauptbestandteilen: Einem Mikrofon, einem Verstärker und einem Lautsprecher bzw. dem Hörer. Der Schall tritt über das Mikrofon in das Hörsystem ein, das die Schallwellen in elektrische Impulse umwandelt. Die Signale werden durch den Verstärker verstärkt und an den Lautsprecher weitergeleitet. Der Lautsprecher wandelt das elektrische Signal in ein akustisches Signal um, das vom Menschen gehört werden kann.

Bei den Ex-Hörer-Geräten ist der Schallwandler – auch Hörer genannt – extern ausgelagert. Statt eines Schallschlauchs wie bei einem klassischen Hinter-dem-Ohr-Geräten führt hier eine dünne Kabelleitung direkt zum Gehörgang.

Heute schalten sich die meisten Geräte von selbst ein, sobald die Hörgeräte in Trageposition sind.

Warum Hörgeräte mehr können als „einfach nur lauter machen‘‘:
Schwerhörigkeit bedeutet nicht nur, dass jemand leise hört, sondern vor allem, dass Geräusche nur undeutlich wahrgenommen und Gesagtes nicht mehr verstanden wird. Geräusche sind dann häufig in ihrer Tonalität anders – schriller oder brummender. Oft werden auch bestimmte Geräusche als unangenehm oder schmerzhaft empfunden. In diesen Fällen reicht die Erhöhung der Lautstärke nicht, damit Betroffene wieder besser hören.

Die richtige Lautstärke ermitteln:
Menschen mit Hörminderung können Töne erst ab einer bestimmten Lautstärke wahrnehmen – diese müssen also schon lauter sein als bei Menschen mit gutem Gehör. Aber wenn alles lauter wird, wäre eine Polizeisirene beispielsweise absolut unerträglich. Deshalb wird bei der Anpassung die sogenannte Unbehaglichkeitsschwelle ermittelt. Diese Schwelle bezeichnet den Schallpegel, ab dem Geräusche als unangenehm empfunden werden.

Störschall und exakte Frequenzbereiche:
Neben der Lautstärke allgemein muss eine Hörhilfe gezielt die Frequenzen verstärken, die nicht mehr gut gehört werden. Die aktuellen Hörgeräte können den jeweiligen Hörverlust in unterschiedlichen Frequenzbereichen exakt und gezielt ausgleichen.

Eine echte Herausforderung – für Technik und Mensch – stellt das Herausfiltern von Störschall dar. Bei Unterhaltungen in belebten Restaurants erfolgt auch bei Normalhörenden das Heraushören der Stimme des Gesprächspartners unter sehr komplexen Verarbeitungsmechanismen. Digitale Hörgeräte bieten hierzu besondere Funktionen an, die zu einer deutlichen Verbesserung des situativen Sprachverstehens führen. Um auch schwierige Situationen zu meistern, verfügen aktuelle Hörsysteme über verschiedene Hörprogramme für unterschiedliche Hörsituationen, also beispielsweise für „Restaurant“. Ebenso ermöglichen sie, das Rückkopplungspfeifen zu unterdrücken und mehrere Frequenzkanäle ganz individuell einzustellen.

Was ist ein Tinnitus und wie lässt er sich behandeln?

Ohrgeräusche, die keine äußeren Ursachen haben, nennt man Tinnitus. Das Wort Tinnitus stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Klingeln“. Oft berichten Betroffene auch von einem Summen, Pfeifen, Rauschen, Brummen, Klopfen oder Klicken.

Fast alle Menschen kennen gelegentliche Ohrgeräusche, zum Beispiel nach einem lauten Konzert oder einem Disco-Besuch. Das liegt daran, dass der hochempfindliche Hörapparat von der lauten Musik schlicht überlastet wurde. Normalerweise regeneriert es sich nach wenigen Stunden und die Geräusche sind verschwunden.

Manchmal hält ein Tinnitus auch bis zu drei Monaten an. Auch wenn das Geräusch unangenehm ist, so hat es in den seltensten Fällen krankhafte Ursachen. Belastend sind eher die Nebenwirkungen wie geringere Konzentrationsfähigkeit, Schlafstörungen oder auch eine temporäre Hörminderung. Diese Art von Tinnitus, bei der keine eindeutigen Ursachen erkennbar sind, wird “primär” genannt. Beim primären Tinnitus zielt die Behandlung durch den HNO-Arzt darauf ab, die Beschwerden zu lindern.

Wer jedoch länger als drei Monate ständig Geräusche ohne tatsächlichen äußeren Anlass hört, der hat vermutlich einen chronischen, also einen langen andauernden Tinnitus. Auch die Lautstärke kann unterschiedlich intensiv sein oder sich verändern. Bei dieser Art von Tinnitus mit eindeutiger Ursache (sekundärer Tinnitus) kann diese Ursache gut behandelt werden, so dass die Ohrgeräusche verschwinden können. Ursachen für einen Tinnitus können Stress, eingeklemmte Nerven, Rückenbeschwerden, Kiefer-/ Zahnbeschwerden, körperliche Beeinträchtigungen sowie Lärm- bzw. Hörschäden sein.

Ein Tinnitus kann, muss aber nicht zu einem Hörverlust führen. Die meisten Menschen können trotz Störgeräusch weiterhin normal hören. Andererseits liegen ab und an auch ein Hörverlust und ein Tinnitus vor. Ein gut ausgebildeter Hörakustiker kennt jedoch zahlreiche Möglichkeiten, diesen Hörverlust zu kompensieren.

Was unterscheidet den Hörakustiker vom Hörgeräteakustiker?

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Berufsbezeichnungen „Hörgeräteakustiker“ und „Hörakustiker“ oft als gleichbedeutend genutzt und wahrgenommen. Doch die korrekte Berufsbezeichnung ist seit 2017 „Hörakustiker“. Warum? Weil man deutlich machen wollte, dass es bei dem gesamten Thema „Hörakustik“ um viel mehr geht als nur um die technische Anpassung von Hörgeräten.

So wird mit dem bloßen Einsatz eines Hörgerätes nicht automatisch die Hörentwöhnung behoben. Wieder-Hören und -Verstehen sind Prozesse, die erst wieder gelernt werden müssen. Diesen mitunter langwierigen Prozess zu begleiten, ist ebenfalls Sache von gut ausgebildeten Hörakustikern.

Gute Hörakustiker bieten heutzutage zum Beispiel auch Trainings zur Verbesserung des Hörvermögens oder, eine spezielle Tinnitus-Therapie, um mit den lästigen Ohrgeräuschen trotzdem entspannt leben zu können. Auch Beratung in sozialrechtlichen Fragen bieten gute Hörakustiker an. Weil Hören eben mehr ist als die bloße Verarbeitung von Tönen.